Eine historische Naundorfer Geschichte, aufgeschrieben von Isolde Klemmt.
Was ist daran das Besondere? Vierlerorts stehen im deutschen Lande Eichen, die zu Ehren Otto v. Bismarcks gepflanzt wurden. Wie auch anderswo und nach dem Vorbild zahlreicher deutscher Gemeinden nahm der hiesige Gemeinderat den 80. Geburtstag Bismarcks zum Anlass, einen besonderen Eichenbaum im Dorfanger zu pflanzen. Dabei ist nicht das Pflanzen das Besondere an der Geschichte, sondern der Baum selbst ist es, der das Besondere in seinen Wurzeln verborgen hält.
Noch ist der Fall ungelöst, aber als gebürtige Naundorferin, Nachkomme einer bis zu den Anfängen des 20. Jahrhunderts hier lebenden bäuerlichen Ahnenfamilie, befinde ich mich auf Spurensuche.
Und ich wurde fündig!
Beim Durchblättern des im Stadtarchiv verwahrten Naundorfer Gemeindebuches von 1895: Darin fand sich ein Protokoll vom März 1895, zur Tagesordnung „Gemeindevorstand Herr Lauenstein – Bismarckeiche“
Als Hinweis auf das nachfolgende amtliche Schreiben:
Protokollant: Oberlehrer H. Höppler, Gemeindeamt Naundorf
Zitat:
Der Herr Vorsitzende hat die Mühe nicht gescheut, selbst an unseren Reichskanzler Otto v. Bismarck zu schreiben. Mit der ergebensten Bitte der Gemeinde Naundorf, doch eine junge Eiche aus seinen Wäldern verehren zu wollen. Herr von Bismarck ist auch dem Wunsch nachgekommen und hat eine Eiche per Bahn nach hier gesandt. Dem Vorsitzenden, Herrn Lauenstein, wird für seine Aufmerksamkeit durch Erheben von den Plätzen gedankt.
Zitat Ende.
Vorerst ist es der Nachweis, dass die Eiche eine Besondere ist, die einst im Walde Bismarcks wurzelte. Doch letztendlich fehlte uns noch der Beweis, dass der Eichenbaum tatsächlich per Bahn am Bahnhof Kötzschenbroda ankam. Aber es ist unglaublich: Die echte Bismarckeiche, aus dem Sachsenwalde nördlich von Hamburg, ist angekommen! Das bestätigt uns der im Naundorfer Gemeindebuch 1895 hinterlegte Expreßgut-Anhänger, der zugleich als Transportbegleitschreiben bis zum Endbahnhof mitlief. Das ist der endgültige Beweis zur Anpflanzung einer echten Bismarckeiche!
Anschließend feierte die Gemeinde Naundorf mit großem Aufwand, musikalischen Darbietungen und einem Festumzug zu Ehren des 80. Geburtstages Otto v. Bismarcks.
Quelle: Stadtarchiv Radebeul, Kötzschenbrodaer Zeitung vom 1. April 1895 (!)